Christ & Kollegen – Fachanwälte für Strafrecht und Verkehrsrecht in Berlin

Einspruch gegen Strafbefehl - ja oder nein?

17.06.2019

Zu meiner alltäglichen Praxis gehört es, Mandanten in Strafbefehlsverfahren zu beraten. Häufig ist es so, dass die Mandanten mit einem Strafbefehl, dessen Zustellung schon einige Zeit zurückliegt, zu mir kommen und mich fragen, ob sich ein Einspruch gegebenenfalls lohnt.

Diese Frage ist für mich natürlich pauschal ohne Akteneinsicht nur schwer zu beantworten. Aus meiner Erfahrung kann ich aber sagen, dass sich ein Einspruch gegen den Strafbefehl in den allermeisten Fällen lohnt – und sei es nur, um die Höhe des einzelnen Tagessatzes zu verringern. Doch warum ist das so?

Der Strafbefehl ist für die Justiz eine relativ effektive Möglichkeit, Tatsachen zu schaffen. der Strafbefehl ist ein Abwesenheitsurteil, welches normalerweise unzulässig ist. Es wird darauf spekuliert, dass die Betroffenen Einspruch aus Angst vor entsprechenden Kosten oder aus einfacher Unkenntnis um die Rechtswirkungen eines Strafbefehls nicht einlegen und somit eine Reihe von schnellen rechtskräftigen Urteilen geschaffen werden kann. Häufig geht das zu Lasten einer sauberen juristischen Prüfung und Ermittlung, weshalb sich ein Einspruch oft lohnen kann.

Dabei sind die Folgen eines Strafbefehls in keinster Weise in irgendeiner Form weniger drastisch, als Ergebnisse bspw. aus einem Verfahren, dem eine Anklage zugrunde lag. der Strafbefehl ist letztlich ein Urteil, das zur Folge haben kann, dass ein Berufsverbot ausgesprochen wird, eine Eintragung ins Bundeszentralregister stattfindet, eine Entziehung der Fahrerlaubnis mit Sperrzeit erfolgt oder Ähnliches. Es lohnt sich also alle Mal, einen solchen Strafbefehl durch einen Fachmann überprüfen zu lassen.

In bestimmten Situationen kann der Anwalt überblicken, ob der Strafbefehl im Hinblick auf die vorgeworfene Tat, sollte sie sich denn so zugetragen haben, tatsächlich angenommen werden kann und ein Einspruch damit nicht notwendig ist.

In vielen Fällen rate ich meinen Mandanten allerdings, Einspruch einzulegen. Dies speist sich aus der Erfahrung, dass ich in den meisten Fällen ein deutlich besseres Ergebnis nach der durchgeführten Hauptverhandlung erreichen konnte. Natürlich muss sich der Mandant bewusst sein, dass das Gericht nicht an die Bewertung aus dem Strafbefehl gebunden ist und nach der Hauptverhandlung ein deutlich schlechteres Ergebnis entstehen kann. Es gilt nicht das sogenannte Verböserungsverbot.

Gerade in straßenverkehrsrechtlichen Strafdelikten hat es sich als günstig erwiesen, einen Einspruch einzulegen. Häufig kann in der Hauptverhandlung eine Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO gegen Zahlung einer geringen Geldauflage erreicht werden und weitere Führerscheinmaßnahmen oder eventuelle Regressforderungen einer Rechtsschutzversicherung vermieden werden. Außerdem hat gerade bei der sogenannten "Unfallflucht" der Ausgang der Hauptverhandlung maßgebliche Auswirkungen darauf, welche Weiterungen das Verfahren im Hinblick auf Regressforderungen der Haftpflichtversicherung etc. nehmen kann.

ich rate daher dringend an, den Strafbefehl anwaltlich überprüfen zu lassen, bevor die zweiwöchige Einspruchsfrist verstreicht.

Folgendes sollten Sie nach Erhalt eines Strafbefehls beachten:

  • die Einspruchsfrist beträgt lediglich zwei Wochen und beginnt mit der Zustellung des Strafbefehls zu laufen
  • heben Sie den gelben Zustellungsumschlag gut auf, denn auf diesem ist das Zustelldatum vermerkt
  • in der Regel kann das Verstreichen der Einspruchsfrist nicht geheilt werden. Nur in Ausnahmefällen ist eine Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist möglich.

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